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Orte mit spannenden und persönlichen Geschichten: Ds Tröchnihuus

Bei der Anfrage für den Lieblingsplatz war er noch Gemeindepräsident. Spontan hat er sich für’s  Tröchnihuus entschieden. Das Gespräch hat dann auch da stattgefunden, zusammen mit der Besitzerin Rita Windisch. Es wurde Daniel Cartiers Blick auf das Innenleben Gretzenbachs.

Mein Platzwahl
Ich fühle mich hier oben beim Tröchnihuus aus diversen Gründen wohl. Hier habe ich mit grosser Gesellschaft meinen 40. und meinen 50. Geburtstag gefeiert. Dabei sind wir von Rita und Daniel Windisch betreut worden; es sind sensationelle Anlässe geworden. Nicht nur die Bewirtung und Atmosphäre sind einmalig, sondern auch die Weitsicht. Jedes Mal, wenn ich hier war, bin ich um das Haus herumgelaufen, um diese Weitsicht zu geniessen. Der Blick in die Weite hat mir einen Weitblick gegeben und den habe ich mir nicht nehmen lassen. Weitblick bedeutet: Man sieht nicht nur was in der Nähe liegt, sondern auch das andere. Das war mir für meine politische Arbeit wichtig.
Windischs haben auf ihrem Vorplatz Aperos und Anlässe organisiert. Und beide sind für unsere Partei (FDP) aktiv gewesen. So haben wir immer wieder Partei-Anlässe hier oben gehabt, zum Beispiel unseren jährlichen Brunch. Wir haben hier aber nie eine thematische Partei-Veranstaltung abgehalten; es sind also keine Szenarien oder Konzepte hier entstanden. Wir sind immer nur hier zusammengekommen um das Gesellschaftliche zu pflegen.

Mein Amtsvorgänger, Hanspeter Jeseneg, hatte eine noch stärkere Bindung zur Familie Windisch. Er hat immer betont, dass sein Lieblingsplatz hier in Gretzenbach das Bänklein dort drüben vor Daniel Windischs Werkstatt sei. Es trägt die Inschrift Pensioniertenbänkli – es ist Daniel Windisch zu seiner Pensionierung geschenkt worden.

Als ich für unsere Partnergemeinde Rehetobel eine Foto für die Zeitung machen musste, bin ich hinauf an den Waldrand gegangen und habe Gretzenbach von da oben fotografiert. Es zeigt sich von da eine sehr schöne Optik unseres Dorfes.

Seit dem Tod von Daniel Windisch im November 2017 hat Rita die Aktivitäten zurückgefahren, ich bin seither nicht mehr so oft hier oben gewesen. Und Corona hat natürlich auch ein geselliges Zusammensein hier beim Tröchnihuus verhindert.

Ich bin nicht hierhergekommen um mich zu erholen, aber ds Tröchnihuus ist immer eine Erholung gewesen. Meinen 60. Geburtstag werde ich wohl nicht mehr hier oben feiern können. Wenn ich daran denke, kommt schon Wehmut auf; es sind immer schöne Momente gewesen, die ich hier verbringen konnte. Einen Ersatz fürs Tröchnihuus gibt es nicht.

Der Wert des Zusammenkommens
Das Tröchnihuus verkörpert für mich, was für ein Dorf absolut nötig ist: Einen Ort, wo man sich treffen kann, so wie das vor 20 Jahren in Gretzenbach noch möglich gewesen ist. Inzwischen haben wir 500 Einwohner mehr im Dorf und das spürt man. Die Individualisierung und damit die Abkapselung der Einwohner ist für mich schwierig auszuhalten und Corona hat dem dörflichen Zusammenhalt einen zusätzlichen Bärendienst geleistet. Man gab und gibt sich nicht mehr die Hand – das ist natürlich der Genickbruch für ein Dorf. Man muss sich in der aktuellen Phase wahnsinnig anstrengen, damit man wieder zusammenkommen kann. Aber vom Zusammenkommen der Menschen lebt das Dorf. Wenn man das nicht mehr macht, dann wird Gretzenbach zu einem weiteren Spreitenbach. Das ist nicht meine Vorstellung vom Dorf Gretzenbach.

Bei der Befragung der Bevölkerung im Rahmen des planerischen Leitbildes ist herausgekommen, dass im Dorfzentrum mehr möglich sein sollte als im Moment da ist. Ein richtiges Dorfzentrum wäre etwas Schönes! Die Geschäftswelt können wir als Gemeinde nur mässig beeinflussen, dass sie hierherkommt. Wir können aber den Raum schaffen, dass die Leute sich an einem schönen Ort treffen und da sitzen können.

Neben einem attraktiven Dorfzentrum braucht es den Einsatz aller Einwohner: Jeder Einzelne muss an der Gemeinschaft teilnehmen und sich mit dem Dorf identifizieren. Viele scheuen den Aufwand eines Engagements und sehen den persönlichen Vorteil eines solchen Einsatzes nicht. Das hilft aber, sich in einer Gemeinschaft wohlzufühlen, obwohl man weiss, dass es auch Leute gibt, die einem nicht passen. Das gehört zu jedem Dorf. Und es erstaunt mich immer wieder, wie viele Ideen und Schaffenskraft in diesem Dorf vorhanden sind. Das ist der grosse Nutzen des funktionierenden Dorfgeistes.

GretzenbacherInnen haben erwiesenermassen keine Vorbehalte auf die Gemeindeverwaltung zu gehen und das ist schön. Das ist so, weil sie die Erfahrungen gemacht haben, dass da Leute sind, die sich um die Anliegen kümmern und sich für die Menschen interessieren – und dass man da auch Hilfe bekommt. So sollte es auch in den andern Bereichen des Dorfes funktionieren:  Die Leute finden sich und machen etwas zusammen.

Ein Engagement für das Dorf lässt sich nicht institutionalisieren. Wenn es ein Rezept für eine behördliche oder dörfliche Verpflichtung gäbe, hätten wir das schon gemacht. Es ist eine allgemeine Haltung der heutigen Menschen, ich nenne das gesellschaftliche Mutlosigkeit! Die Leute denken, es sei zu anstrengend, sich mit den Andern auseinanderzusetzen. Wer sich dessen aber nicht scheut, findet Befriedigung im Leben und solche Erfahrungen machen Mut. Und wer sich engagiert, kann Vorbild sein und andere Einwohnerinnen und Einwohner mitnehmen, ganz nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber!

Ob diese Zurückhaltung an den sozialen Medien liegt? Ich bin auf diesen Plattformen nicht wirklich zu Hause und bin da auch nicht angegriffen worden. Das hängt auch mit meiner Person zusammen. Ich bin eher der versöhnliche Typ und habe daher nicht viel Angriffsfläche geboten. Und als Gemeindepräsident musste nicht immer nur meine Meinung gelten.

Der Wert der Tröchnihuuses
Das Tröchnihuus in der Form, wie ich es kenne und schätze, gibt es nicht mehr. Die Trocknungsanlage ist bereits verkauft und die Bewirtschaftung ist eingestellt. Für mich stellt sich daher die Frage, was in Zukunft aus diesem Ort werden wird. Wir sind hier in der Landwirtschaftszone, die mitten in der Siedlungszone liegt. Zum Überleben eines Bauernbetriebes ist die Fläche allein zu klein. Eine Umnutzung in Wohneinheiten ist wegen der Landwirtschaftszone fraglich. Tierhaltung ist auch nicht mehr möglich und für eine KITA müsste man ein Umnutzungsgesuch stellen. Jede Änderung einer bäuerlichen Betriebsform verlangt eine öffentliche Auflage und da bringen sich viele dann ein, die durch neue Formen nicht gestört werden möchten. Was ist also noch möglich? Wird ein Ballenberg daraus? Wir könnten vielleicht ein Mühletäli (Anm: Tierpark) daraus machen.

Das Tröchnihuus symbolisiert(e) für mich alles, was ein gutes Dorf ausmacht: Attraktive Lage, dörflicher Zusammenhalt und ein Anpacken der Bewohner. In Gretzenbach ist nach wie vor viel davon vorhanden. Aber es wird meines Erachtens zusehends weniger. Und das finde ich natürlich sehr bedauerlich.

Das Tröchnihuus und seine Besitzer Rita und Daniel Windisch. Sie haben die mehr als 100 Jahre alte Liegenschaft im Jahre 1992 übernommen und im Jahr darauf hier die Trocknungsanlage in Betrieb genommen. Von da stammt der Name Tröchnihuus. Während mehr als 30 Jahren haben die Windischs Früchte und Gemüse getrocknet. Daniel Windisch verstarb im November 2017.  Die Trocknungsanlage ist 2020 an die Stiftung Solodaris Solothurn verkauft worden.

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