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Gestalte mit! Der Beginn einer Erfolgsstory?

Rund 80 Personen verfolgten am 5. Mai den Mach mit! – Anlass  in der Schulbibliothek. SandraBoner vom SRF führte locker, anregend und witzig durch den Abend. Ist das Ziel erfüllt worden? Ein Gespräch mit einer potentiellen Kandidatin für die Mitarbeit in einer Kommission.

Bewerben sich zu wenige Leute für die Gemeinderatssitze, gibt es stille Wahlen. Das war dieses Jahr der Fall. Zudem werden nach den Sommerferien noch diverse Abgänge in den Kommissionen zu ersetzen sein. Und neu soll es eine Kulturkommision geben. Für all das braucht es Gretzenbacherinnen und Gretzenbacher. Die Veranstaltung in der Schulbibliothek war genau für solche EinwohnerInnen gedacht.
Saskia Schaffner war ebenfalls anwesend. Aufgefallen ist sie durch ihr jugendliches Alter – inmitten vieler gesetzter Personen. Und sie stellte sich einem Interview in ihrem Haus hier im Dorf.

Saskia, was ist deine Verbindung zu Gretzenbach? Bist du hier aufgewachsen?
Man hört es meinem Dialekt an, ich bin von Zürich! Ich bin da geboren und bin eine richtige Stadtzürcherin. Mein Mann ist im Nebenhaus aufgewachsen. Wir sind eine Zeit lang zwischen Neuhausen und Gretzenbach hin und her gependelt, bis wir hierher gezogen sind, weil wir  die Chance bekommen haben ein ganzes Haus zu mieten. Das war während der Pandemie, im Jahre 2020.

Beschreibe doch bitte aus deiner Sicht das Dorf.
Gretzenbach ist – im Vergleich zu Zürich – ein richtiges Dorf. Ich finde schade, dass es ein Schlafdorf ist. Wenn ich mit dem Hund durch das Dorf laufe, kenne ich eigentlich niemanden. Und das nach fast 5 Jahren. Ich finde das sehr schade und bin nun sehr froh, dass man den Anlass organisiert hat.
Die Busverbindung ist gut, inzwischen aber recht kompliziert geworden. Mein Mann hat mir sehr schnell den Ballypark  gezeigt. Man ist sehr schnell an der Aare und im Wald. Weil ich mit einem Gretzenbacher zusammen bin, habe ich mit der Zeit gemerkt, dass die Gemeinde früher sehr aktiv gewesen ist. Seit damals liegen fast 40 Jahre dazwischen.

Für dich ist die Gemeinde Abbild der gesellschaftlichen Entwicklung?
Die Antwort ist zweischichtig! Einerseits sind es die Jungen, die viele tausend Ausreden haben, und auf der andern Seite sind die Alteingesessenen, für die es immer scho so gsy isch! Man kann nicht mehr aufeinander zugehen und das ergibt ein Schlafdorf.

Warum hast du am Informationsanlass teilgenommen?
Der Auslöser war, dass ich finde: Ein schlafendes Dorf ist kein schönes Dorf. Ich möchte wieder mehr Aktivität in dieses Dorf bringen. Darum bin ich sehr froh, dass man den Anlass organisiert hat. Nach dem offiziellen Teil konnte ich sehr Vieles herausholen. Ich hatte Kontakt mit dem Elternverein, mit dem Gemeindepräsidenten und ich traf das Grüppchen für die Kulturkommission.

War deine Teilnahme deine eigene Entscheidung oder bist du von jemandem mitgenommen worden?
Ich habe das Inserat  im Gretzenbacher gesehen. Dann habe ich realisiert, dass es stille Wahlen gegeben hat, was sehr uncool ist. Wenn ein Wahlkuvert kommt, mache ich es auf, lese es durch und stimme ab. Das habe ich im Kanton Schaffhausen gelernt. Da gibt es ja Bussen, wenn man nicht abstimmen geht. Das Bussgeld ist minim, dennoch finde ich die Stimmpflicht sehr positiv. Mir hat diese Regelung geholfen, dass ich mich für die Politik und das Dorfleben zu interessieren begann. So habe ich mir auch gesagt: Du lebst jetzt in diesem Dorf und du kannst mithelfen, wenn etwas los ist!

Bist du ein politischer Mensch?
Nein, eigentlich nicht! Ich habe gewisse Grundprinzipien: Die Nachbarschaft, an Andere denken, das Gemeinschaftsleben! Das finde ich schon wichtig. Ich war jetzt 4, 5 Jahre anonym, das will ich nicht mehr weiter ziehen.

Du hast vom Gemeindepräsidenten gehört: Es braucht Willen, Interesse und Zeit für eine Mitarbeit in der Gemeinde. Wie sehen diese Voraussetzungen bei dir aus?
Das Interesse und den Willen: Ja. Die Zeit steht noch etwas in den Sternen.
Sehr schade war, dass es so wenige Junge gehabt hat. Ich habe gehofft, es kämen mehr von uns. Aber vielleicht gibt es gar nicht mehr so viele Personen unter 40 Jahren hier.

Hast du eine Erklärung dafür, dass nicht mehr Junge gekommen sind?
Ich weiss es nicht. Mein Mann meint, die alte Generation hätte es verbockt, Junge nachzuziehen. Ich habe nur die letzten 5 Jahre miterlebt.
Ich verstehe aber auch nicht, dass man in ein Dorf zieht und sich dann sagt, das Dorf interessiert mich nicht.

‘Mich interessiert das Dorfleben nicht!’ – ist das  eine Frage des Alters?
Ich weiss es nicht. Es kann eine Frage des Alters sein. Es kann aber auch sein, dass man ganz viele andere Sachen im Kopf hat. Oder man sagt sich: Ich wollte ja gar nicht hierher ziehen. Vielleicht ist man auch nur wegen des ÖV, des Bahnhofes hier. Ich kann diese Frage nicht beantworten.

Ist zu wenig Werbung für den Anlass gemacht worden?
Nein, ich glaube nicht. Das Inserat war im Gretzenbacher und der Flyer ist gekommen. Eigentlich müssten genügend Hinweise vorhanden gewesen sein. Ich glaube, ein Inserat im Niederämter hätte auch nicht viel mehr gebracht. Es liegt wohl am mangelndem Interesse an der Gemeinde. Aber warum das so ist, das weiss ich nicht.

Wie hast du den Anlass selbst erlebt?
Ich habe ihn cool gefunden. Ich bin sehr offen hingegangen, ohne irgend eine Vorahnung. Zuerst ist die Atmosphäre sehr vorsichtig gewesen, bis man abgesessen ist. Dann haben die Organisatoren gemerkt, dass sie Stühle nachrüsten müssen. Die Aufregung der Vortragenden ist angestiegen. Der Gemeindepräsident  hat die Anrede gemacht und danach kam Sandra Boner. Sie hat das super gemacht. Es war richtig frisch, locker.
An den beiden Personen merkte man den Altersunterschied. Der Gemeindepräsident macht den Job schon lange, Sandra Boner kam mit der Vorstellung: Ich mache alles anders! Das ergab eine so locker Atmosphäre, mega cool! Das hat mich richtig mitgezogen.
Sandra Boner hat dann Walter Schärer auf die Bühne geholt und hat damit das Gemeinsame geschaffen; man hat  sich getroffen, man ist aufeinander zugegangen. Das habe ich megalässig gefunden.
Das hat mir gezeigt: Die Grundbausteine sind eigentlich da!
Ich habe mir dann schon Gedanken gemacht, wo der Wurm eigentlich liegt. Aber gefunden habe ich ihn noch nicht.

Hast du an diesem Abend eine Entscheidung getroffen?
Beim Apero hat uns Walter Schärer aufgezeigt, wie man in eine Kommission kommt, wo man sich melden muss. Er hat uns erklärt, dass man Einsitz nimmt für eine Partei.
Wenn die Gemeindeversammlung beschliesst, dass es eine Kulturkommission gibt, ja, dann bin ich dabei! Ich bin bei der Gruppe gestanden, die sich dafür interessiert. Und es sind auch schon die ersten Ideen entstanden. Wenn das Anliegen abgelehnt wird, dann ist es Geschichte.
Ich finde schade, dass jeweils rund 80 Personen über die Anliegen von über 2500 Menschen abstimmen. Vielleicht würde sich vieles verändern, wenn man in Gemeindeangelegenheiten auch brieflich abstimmen könnte. Ich weiss aber nicht, wie gross der Schritt dazu ist.

Aus deinen Worten entnehme ich: Die Kulturkommission steht bereits, sofern sie an der Gemeindeversammlung angenommen wird.
Wenn sich all die Personen vom Anlass wirklich melden, dann könnte es  sein, dass sie zu Stande kommt.

Du wirst also an dieser Gemeindeversammlung dabei sein?
Die ist ja immer am Montag. Wenn es mit der Arbeit und der Heimkehr klappt, dann ist das geplant.

Du hast gehört:  Aufgaben dieser Kulturkommission werden der Neujahrsapero, die Feier zum 1. August  und der Ausflug der Jungbürger sein. Die Anlässe haben nicht zwingend viel mit Kultur zu tun!
Das ist Okay. Aber es sind auch schon Ideen aufgeploppt, damit das Dorfleben, das Zusammenbringen der Menschen wieder vermehrt stattfindet, damit wir keine Schlafgemeinde werden.

Wie stellst du dich zu den anderen Kommissionen?
Für die Werkkommission wäre mein Mann prädestiniert, aber nicht als Präsident. Für die andern Kommissionen bringe ich zu wenig Interesse mit.
Wenn die Kulturkommission nicht zu Stande kommt, würde ich versuchen, mich auf anderen Wegen in die Gemeinde einzubringen.

Und die Finanzkommission? Es ist gesagt worden, dass man dafür keine speziellen Kenntnisse mitbringen muss.
Jesses Gott, Nein! Mit Zahlen, das mach ich gar nicht gerne. Das überlasse ich den Profis und allen, die die Musse haben, mit Zahlen zu jonglieren.
Als Gemeindepräsidentin sehe ich mich auch nicht. Ich wüsste nicht, wo ich die 19 Stunden pro Woche, wie sie der Amman dargelegt hat, hernehmen sollte. Dieses Amt muss sehr gut überlegt sein.
Und die Vorsteherin des Sozialen hat ja noch mehr Stunden.

Kommissionsarbeit ist oft der Beginn einer politischen Karriere.
Oftmals ja. Das ist für mich aber nicht interessant. Für mich sind es diese Anlässe, weil ich sehr gerne organisiere. Mir geht es dabei um die Freude der Leute, die kommen und sagen: ‘Mega lässig!’ Das ist der schönste und der besten Lohn, das ist unbezahlbar.
Kommissionsarbeit also ja, aber ohne weiterzugehen.

Als Gemeinderätin könnten dir genauso strahlende Augen entgegenblicken?
Nein, das glaube ich nicht. Walter Schärer hat es sehr schön gesagt: Manchmal muss man entscheiden. Und man weiss dann ganz genau, dass man jetzt zu Gunsten einer Gruppe entscheidet und der Rest der Gemeinde würde dich am liebsten dafür hängen. Gewisse Entscheidungen will ich nicht getroffen haben. Ich glaube, da braucht man ein sehr dickes Fell. Respekt für den Gemeindepräsidenten; er macht den Job ja nicht erst seit 2 oder 3Jahren.

Gibt es zum Abschluss noch etwas Wichtiges zur Mitarbeit in der Gemeinde zu sagen?
Es sollten unbedingt mehr Leute an die Gemeindeanlässe kommen. Und je mehr Junge jetzt nachrutschen, desto besser können die Alten sagen: Jetzt können wir die Arbeiten übergeben. Es ist ein Geben und ein Nehmen. Und wenn die Jungen nicht kommen, können die Alten nicht abgeben.
Das Wichtigste für alle, die am Anlass gewesen sind, ist, die Botschaft jetzt weiter zu streuen. Die Konsequenzen sind sonst stille Wahlen oder eine Fremdbestimmung – und das will sicher niemand, der hier wohnt und Steuern zahlt.
Darum müssen wir diese Dorfanlässe zu Stande bringen.  Das ist ganz wichtig!

Impressionen vom Anlass

Das Oltner Tagblatt hat über die Veranstaltung berichtet. Über den nachfolgenden Link kann der Beitrag nachgelesen werden.

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