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Gesundes Wasser – eine vertrackte Sache! (3)

Abstimmung vom 13. Juni 2021

Gesundheit wünscht sich jeder Mensch. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind gesundes Essen, gesunde Luft, eine gesunde Lebensweise, unser gesunder Umgang mit der Umwelt – und gesundes Trinkwasser. Ob Pestizide, Nährstoffe, Gifte, Luftschadstoffe – fast alles landet am Schluss in unserem Trinkwasser. In einer Mini-Serie wird versucht, die Landwirtschafinitiativen, die gesetzlichen Regelungen zum Schutz des Trinkwassers und die möglichen Folgen der Initiativen zu beleuchten – möglichst aus der Sicht von Gretzenbach.

Im 1. Teil sind die gesetzlichen Regelungen rund um den Schutz des Trinkwasser das Thema gewesen, im zweiten die Tatsache, dass wir in einer sehr chemischen Welt leben. In diesem letzten Teil geht es um die Frage, ob der gordische Wasser-Knoten gelöst werden kann?

Teil 3: Was ist zu tun?

A) Der gordische Knoten

Alexander der Grosse soll einst in die Stadt Gordion gekommen sein. Da befand sich ein alter Streitwagen, dessen Joch und Deichsel mit einer aufwändigen Seilkonstruktion verbunden waren. Der Sage nach sollte derjenige Herrscher über Asien werden, dem es gelang, diesen Knoten aufzulösen. Viele hatten das schon versucht, waren aber alle gescheitert. Also zückte Alexander sein Schwert und zerschlug das Flechtwerk; er hat dann auch grosse Gebiete Asiens erobert.

Unsere gesamte Umweltbelastung ist gewaltig, das zeigen verschiedene Statistiken und Phänomene. Die Klimajugend (und Naturschutzorganisationen) halten uns immer wieder den Spiegel bezüglich unseres Verhaltens im Umgang mit der Erde vor. Langsam macht sich ein Umdenken bemerkbar. Selbst in der Glitzerwelt der Mode ist inzwischen der Gedanke für Recycling-Kleider angekommen. So weit so gut.

Wir befinden trotzdem immer noch in der Phase der Produktion und des Konsums. Die Folgen davon werden im Wasser noch Jahr(zehnt)e lang nachweisbar sein. Somit wird auch der Chemikalien-Cocktail im Wasser Realität bleiben. Welchen Wirkungen das Aufeinandertreffen der verschiedenen Stoffe auf alle Organismen haben wird, darüber  weiss man immer noch recht wenig. Sauberes Trinkwasser (Slogan der Trinkwasserinitiative) wird es nicht so schnell geben.

Die Absichten der Initiativen sind absolut hehr. Lösen sie aber Probleme (wie das Alexander konnte), oder lassen sie viele Fragen unbeantwortet?

B) Offene Frage

  • Was ist der Mehrwert, wenn ein bestehendes Belohnungssystem aufgegeben und durch das gleiche System mit andern Bedingungen ersetzt wird? Werden alle Landwirtschaftsbetriebe, die jetzt Direktzahlungen erhalten, auf Bio umsteigen? Was machen jene, die aus den Direktzahlungen aussteigen? (Teil 1: Rund 90% aller Landwirtschaftsbetriebe erhalten Direktzahlungen; diese sind an den ökologischen Leistungsnachweis gekoppelt.)
  • Wird die Biodiversität auf der Gewinner oder Verliererseite stehen? Wird kleinflächige und vielfältige Fruchtfolge noch möglich sein, wenn alle Futtermittel von eigenen Hof stammen müssen? Droht eine Monokultur-Landwirtschaft (Futteranbau)?
  • Wie wird der Durchschnitts-Konsument auf die neue Qualität von Obst und Gemüse reagieren? Wird es mehr Food Waste geben, wenn die Haltbarkeit von Obst und Gemüse verringert wird? Wie wird sich der Einkaufstourismus verändern? (Corona bedingt sind 2020 etwa 6 Milliarden Franken ins Ausland abgeflossen, 2019 waren es 8 Milliarden Franken.)
  • In welche Richtung wird sich der Anteil der Selbstversorgung in der Schweiz bei einer Annahme entwickeln: Nach oben oder nach unten? (Der Selbstversorgungsgrad netto bewegte sich in den letzten Jahren unterhalb der 60%-Marke.)
  • Wie kann der Krankheitsdruck in Stallungen reduziert werden, wenn Desinfektionsmittel nicht mehr eingesetzt werden dürfen? Ist der Ersatz dann erst recht Antibiotika? Und wie kann künftig der Pilzbefall von Futtermitteln vermieden werden? (Vom Pilz befallenes Futtergetreide ist für Schweine giftig.)
  • Wie soll mit Land umgegangen werden, das für die Lebensmittelproduktion ungeeignet ist, heute als Gras- oder Weidefläche dient?

Bildlegende: Etwa ein Viertel der gesamten Landwirtschaftsfläche wird für den Ackerbau genutzt

  • Werden die technologischen Entwicklungen beim Dünge- und Pestizideinsatz berücksichtigt? (Was in der Landwirtschaft angedacht und ausprobiert wird, zeigen die Filme ‘Von Bauern für Bauern’.
  • Ist der Preis für die Anpassung / Umstellung für die Gretzenbacher Landwirtschaftsbetriebe tragbar / untragbar?
  • Wie…..? Was ….? …..

C) Wir alle stehen in der Pflicht

Der Konsument kann sich aus der Diskussion dieser Fragen nicht davonstehlen. Denn mit seinem Einkaufsverhalten bestimmt er, welche Produkte in den Regalen stehen. Und Qualität hat immer einen Preis.

Gretzenbach hat 5 Landwirtschaftsbetriebe und eine Hühnerfarm. Diese Produkte sind saisonal und immer lokal. Sie werden im Dorfladen oder im Direktverkauf angeboten. Kaufen Sie diese Produkte?

Vor 100 Jahren waren die Bauersfamilien den Schädlingen und dem Wetter ziemlich ausgesetzt und es fehlte auch die finanzielle Absicherung bei Produktionsausfällen. Die Chemiekeule in den Jahren danach brachte eine Lösung. Der Tiefpunkt war das Sterben der Seen wegen Übergüllung.

Vor 60 Jahren schuf der Künstler Hans Erni das obige Plakat, Anlass war eine Tagung zu diesem Thema Verkehrshaus. Ein Film erinnert daran und zeigt in eindrücklichen Bildern, wie rücksichtlos man damals mit dem Wasser umgegangen und was seither passiert ist – viel Positives.
Den heutigen Bauern ist bewusst, dass auch ihre Kinder vom Ressourcenschwund und Klimawandel betroffen sind. Daher sind Bäuerinnen und Bauern, das Parlament, der Bauernverband und die Konsument/innen gefordert, den eingeschlagenen Weg hin zu einer umweltverträglichen Nahrungsmittelproduktion noch konsequenter und schneller zu gehen.

Zurück zu Alexander: Die Patentlösung für sauberes Trinkwasser gibt es nicht. Vermutlich wird das zeitaufwändige Auffädeln des Knotens aber doch sinnvoller sein, als die Radikalkur mit dem Schwert.

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