Die CVP (Partei der Mitte) organisierte die 1. Augustfeier auf dem Schulhausplatz, der MvG und die Jungbürger gestalteten sie, die Metzgerei Schneider und die CEVI waren für das Essen und Trinken zuständig und SRF dokumentierte den Anlass. Soweit (fast) alles wie bisher. Sind für die Zukunft Anpassungen nötig?
Es wird in Gretzenbach zur Tradition, dass die Jungbürgerinnen und Jungbürger in die Programmgestaltung mit einbezogen werden. Traditionen waren das Thema der Festrede. Die wichtigste Erkenntnis daraus: Traditionen müssen sich dem gesellschaftlichen Wandel anpassen.

Traditionen sind wichtig – Die Rede von Anja Richiger
Traditione und Brüch send en wichtige Bestandteil vo üsere Kultur, üsere Gsellschaft und üsem Land. Oder chöntet Sie sich es Lebe in Gretzebach ohni Schmutzli und Samichlaus, de Chindermaskeball, Jasse, de Jugendtag, s Beizlifest oder de Wiehnachtsmärt vorstelle? Ich ned. Well sett i chli ben, beni met all dene Sache ufgwachse ond sie ghöred för mich zom Lebe in Gretzebach eifach dezue.
Traditione und Ritual halte üsi Gsellschaft und Gemeind zäme. Sie send eppis, wo üs alli metenander verbende, au wenn mer alli unterschiedlich send ond ned alli Traditione glich uslebe. Sie gäbe üs Stabilität, au in unsichere Ziite. Doch vor allem verbinde Traditione d Mönsche öber Generatione hinwäg metenand.
Denn d Traditione vo de Schwiz gönd velli velli Johr zrug. Zum Bispel fiirt me de 1. August i de Schwiz scho sett 1891. Das send ganzi 131 Johr. Do esch es logisch, dass sich d Traditione met de Ziit au verändere und sich de Gsellschaft apasset. Doch leider gönd öber die langi Ziit d Traditione au emmer meh verlore.
Das het verschiedensti Gründ. Durch die erhöti Mobilität esch de Lebensmittelpunkt nümme so stark im eigene Dorf, sondern eher i de Städt, wo meh Kultur herrscht. Allgemein eschs Interesse vo de meiste Lüt vellsiitiger worde. Hötzutags gets vell meh Freiziitagebot und Aläss au usserhalb vom Dorf. D Lüt send also meh nach Usse orientiert. Das bringt natürli vell Positivs met sich. Zum Bispel wird de Ustusch zwüsche verschiedenste Kulture und Religone gfördert, sowie d Disparitäte zwische Stadt und Land verchlinered. Jedoch verlürt d Gmeind dor das au de Zämehalt, well sie nümm im Zentrum vo de Bürger*inne stoht. D Traditione vom eigene Dorf verlüre a Bedütig.
Zudem wohne durchs Bevölkerigswachstum emmer meh Lüt i de Dörfer. Durch das lebt me zwar anonymer, jedoch liedet au dor das de Zämehalt i de Gmeind. Da velli au us anderne Gmeinde zuezoge send, wo anderi oder kei Traditione herrsche, eschs schwieriger üsi Traditione z erhalte und wiiterzghä.
Me cha also säge, dass es velli verschiedeni, vonenander abhängigi Gründ get, wieso dass üsi Traditione und de Zämehalt i üsere Gmeind verlore gönd. Das esch en Entwicklig, wo sich ned stoppe loht. Doch i denke, Sie stimme mir zue, wenn i sege, dass es wünschenswärt wär, wenn mer die wenige Traditione, wo mer i üsem Dorf no hend, erhalte chönted. Denn im Verglich zo ländlichere Gebiet he mer relativ wenig Aläss und Traditione i üsem Dorf. Dorom fende mer’s wichtig, dass mer üsi Traditione erhalte chöne und de Zämehalt i de Gmeind stärke.
Traditione verbinde älteri und jüngeri Generatione metenand. Das esch wechtig für d Kommunikation und’s Verständis förenand. Denn nur dur das chöne d Gschichte, Traditione und Aläss wiiter bestoh und vo jüngere Generatione wiitertreit wärde. D Kommunikation und de Zämehalt zwische de Generatione esch essenziell, um die folgende Generatione för üses Kulturlebe in Gretzebach z gwünne.
Au i üsere Generation chöne sich emmer weniger Persone met Traditione vo de Schwiz identifiziere. Oftmals wells Traditione get, wo im Gegesatz zu aktuelle und für üsi Gsellschaft immer wichtigeri Theme wie Gschlechterglichstellig, Gendersprach, Distanzierig vom Patriotismus, Migration und Integration und Rassismus etc. stönd. Es esch guet, dass sich d Traditione de hötige Ziit apassed und sie sötte uf kei Fall Persone, Minderheite oder Randgruppene usschliesse, sondern en Alass und Grund deför sie, dass verschiedensti Lüt zämechömet, sich ustuschet, en gueti Ziit hend und de Zämehalt underenand wachst.
Dorom rüefe mer Sie alli dezue uf, dass mer üs gmeinsam als Gmeind meh för de Zämehalt, d Traditione und d Kommunikation metenand isetze. Well mer send JETZ devör verantwortlich, dass au no i 100 Johr üsi Gschechte und Traditione wiiterläbet. I dem Sinn wemmer Ihne im Aschluss mit es paar Anekdote d Veränderig vom 1. Mai über es paar Generatione hinweg nöcherbringe.

Anschliessend präsentierten die anwesenden 11 Jungbürgerinnen und Jungbürger in kurzen Sketches, wie sich die Feier am 1. Mai verändert hat. Ursprünglich war es die Party der Stäcklibuebe (der vom Militär ausgehobenen jungen Männer), die vom Schabernack gegenüber der Dorfbevölkerung und dem Setzen der Tannli bei den beliebten Mädchen des gleichen Jahrganges begleitet war. (Den weniger beliebten Mädchen wurde eine verdorrte Tanne hingepflanzt. Heute wäre das wohl Mobbing.) Mit einem gekauften Kleber konnte man sich später Ärger ersparen. Im letzten Jahr haben die JungbürgerInnen (auch wegen Corona) überhaupt nichts mehr gemacht. Der aktuelle Jahrgang versprach aber, dass im kommenden Jahr die 1. Mai-Tradition wieder auferstehen werde.
In welcher Form der 1. Mai dann begangen wird, ist von den JungbürgerInnen offengelassen worden. Heisst das nun: Gartenmobiliar stibitzen auf Teufel komm raus? Einfach Party machen auf dem Türmliplatz? Oder gar die Bevölkerung zu einer Grill-Begegnung einladen? Man wird es sehen.
Die 1. August-Feier auf dem Schulhausplatz war ein würdiger, gemütlicher und verbindender Anlass und die Jungbürgerinnen und Jungbürger haben einen souveränen Eindruck hinterlassen.
Und die Festrednerin hatte doch erwähnt, dass sich Traditionen an veränderte Gegebenheiten anpassen müssten. Wird das auch für die kommenden 1-August-Feiern gelten?
Verschiedene Beobachtungen und mögliche Szenarien, die diese Feier verändern können.
Dank SRF ein Tag der Jugend?
Das Schweizer Fernsehen hatte Gretzenbach für einen Beitrag ausgewählt. Im Mittelpunkt standen die Jugendlichen des Jahrganges 2004. Die 10 vor 10-Sendung kann hier nachgesehen werden.
Interessant war der Blick am 2. August in die heimische Zeitung. Feiern im ganzen Kanton fanden darin Unterschlupf, jedes Mal waren es offenbar Personen mit politischen Funktionen oder erfolgreiche, bzw. wichtige Männer und Frauen, die zu den Festgemeinden sprachen. Über unsere JungbürgerInnen gab es keine einzige Zeile, obwohl sie unsere Zukunft sind. Danke SRF! Reden am Nationalfeiertag sind häufig ein Blick zurück oder eine Analyse der Gegenwart. Wenn verschiedene Parteien von Gretzenbach den JungbürgerInnen schon Gestaltungsraum einräumen, warum daraus nicht einen Tag der Zukunft machen? Verbunden mit dem Versprechen: Bis in einem Jahr wollen wir folgendes Ziel erreichen?
Aufwärtstrend beim MvG?
Der Auftritt des Musikvereins war würdig, es fehlte aber die Dirigentin und vor einigen Jahren war die Besetzung deutlich grösser. Der Verein hat eine lange Tradition, er wurde 1877 gegründet. Überalterung und Nachwuchssorgen sind für ihn Realität, wie für viele andere Vereinigungen auch. So startete der MvG denn einen Appell für neue Mitglieder. Hoffentlich wird der Aufruf Erfolg haben. Denn ohne die Dorfmusik fallen viele vertraute Traditionen weg: Weihnachtsstrassenkonzert / Adventskonzert / Jahreskonzert / Begleitung von Gottesdiensten / Empfang der Senioren nach ihrem Jahresausflug …. Die Bereitschaft der Vereinsleitung ist da, weiterzubestehen! Das zeigen Anpassungen, die der Traditionsverein bereits vorgenommen hat: Es ist bereits ein musikalischer Neustart erfolgt und der Verein hat eine neue Webseite. Wird der MvG also auch weiterhin die 1. August-Feier musikalisch umrahmen können?
Fleisch oder Fleischlos?
Die Gemeinde offerierte das Mittagessen. Es gab Teigwaren und Gschnätzletes. Insgesamt 35 kg Fleisch sind verarbeitet worden. Aus verschiedenen Gründen reduzieren heute viele Menschen ihren Fleischkonsum. Wer also auf das Fleisch verzichtete, musste sich im schlimmsten Fall mit trockenen Teigwaren begnügen. Werden in einem Jahr auch VegetarierInnen ein vollwertiges Menü geniessen können?
Einmal ruhig – immer ruhig?
Infolge der langanhaltenden Trockenheit hatte der Kanton ein Feuerwerks-Verbot erlassen. Es ist ein ungewohnt ruhiger Abend geworden. Die farbigen Muster der Raketen und die Fontänen der Vulkane haben gefehlt, dafür sind die Ohren von Mensch und Tier geschont worden.
Bei Grossanlässen sind, als Ersatz für das Feuerwerk, bereits Drohen im Einsatz. Und aktuell werden Unterschriften gesammelt für die Initiative ‘Eine Schweiz ohne Feuerwerksknallerei zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt.
Was macht die Schweiz aus? Was braucht es dafür am 1. August?
In einem Jahr wird hoffentlich die Gemeinde Gretzenbach traditionsgemäss wieder zu einer 1.-August-Feier unter den Linden beim Zelt einladen. Dann wird sich vergleichen lassen: Was wird gleichbleiben? Was wird anders sein? Man wird sehen.