Eigentlich werden in dieser Serie Plätze vorgestellt. Dieses Mal ist es die Wanderung auf dem Fabrikler- und dem Grenzweg. Die Anregung kam von Martin Schenker. Mit ihm zusammen ging es von Schönenwerd bis zum Wissbächli im Grod.
Ein Schulprojekt
Bevor es auf die Strecke geht, gibt es einen Blick zurück, ins Jahr 1995. Die damalige Redaktionskommission vom Gretzebacher suchte ein Jahresthema und einigte sich auf Grenzen. In mehreren Beiträgen wurde das Thema aufgegriffen und beschrieben: Das Leben und seine Grenzen / Grenzerfahrungen im Sport / Wirtschafts-, Sozial- und Finanzgrenzen in der Gemeinde / Grenzen in der Schule ….
Redaktionsmitglied Klemens Schenker – damals Lehrer hier in Gretzenbach – brachte die Idee ins Lehrerkollegium. Daraus entstand das Projekt, der Grenze Gretzenbachs entlang zu wandern. Im November verteilten 7 Schulklassen an der Gemeindegrenze rund 1’000 Fähnchen. Am 21. November 1995 war die Bevölkerung dann eingeladen die Dorfgrenze abzulaufen; das sind 16 km, der Zeitbedarf betrug etwa 7 Stunden.
Der Fabriklerweg
Martin und ich machen uns an einem Sonntagmorgen auf den Weg, zunächst ist es der Fabriklerweg. Der Name geht auf die Arbeiter und Arbeiterinnen aus dem Kanton Aargau zurück, die auf diesem Weg zur Schicht in die Hallen der Schuhfabrik Bally geströmt sind. Dies war die kürzeste Verbindung nach Kölliken und Entfelden, die Entfelderstrasse existierte damals noch nicht. Eine Stunde und mehr hat dieser Arbeitsweg zu Fuss gedauert. Zweimal täglich über eine Stunde zur Arbeitsstelle und zurück zu laufen, bei Wind und Wetter, zu jeder Jahreszeit, war wohl eher Monotonie denn Naturgenuss. Martin schliesst aber nicht aus, dass auf diesen ‘Arbeitswegen’ die Liebe durchaus zugeschlagen hat. Schliesslich traf man sich doch regelmässig.
Die Wichtigkeit dieser Verbindung zeigt die Tatsache, dass Bally den Weg offiziell unterhalten hat, berichtet Martin. Schlacke ist darauf verteilt worden, vielleicht war auch etwas Sondermüll darunter.
Nullpunkt Schönenwerd
Start ist in Schönenwerd bei der Kreuzung Weidengass / Frybachstrasse. Wir laufen zum Schützenhaus hinauf. Dahinter geht es im Wald ziemlich bergan – ein echtes Warmlaufen. Links unter Blättern, ausgegraben liegt auf dem Boden ein Grenzstein. Es ist der erste, dem wir begegnen. Viele folgen noch. Und ehrlich: Die alten Grenzsteine aus der Zeit der Berner Herrschaft sind imposanter als die heutigen Versionen.
Das Waldhaus kommt bald in Sicht. Martin verweist links vom Weg in die Büsche und meint: ‘Hier ist der Fabriklerweg früher verlaufen´. Tatsächlich lässt sich ein Trampelpfad erahnen. Wir verlassen den Weg und folgen dieser Spur; sie führt durch die Rodungsfläche beim Waldhaus. Es sieht trostlos aus. Ähnlich hat es wohl vor mehr als 50 Jahren ausgesehen. Ein Sturm hatte viel Sturmholz produziert. Aus diesem ist dann das Waldhaus erbaut worden – das war gleichzeitig wohl auch der Beginn der Gretzenbacher Waldameisen. Martin koordiniert den Einsatz dieser Gruppe heute.
Kurz hinter dem Waldhaus stossen wir auf ein kleines Bächlein; das Roggehuserbächli. Unscheinbar ist es, aber es ist trotzdem der Grenzbach zwischen den Kantonen Aargau und Solothurn – und es begrenzt auch das Gemeindegebiet von 6 verschiedenen Dörfern.
Nach 5 Kilometern fliesst der Bach bei der Pferderennbahn Schachen in die Aare. Diesem Rinnsal sind Martin und seine Kollegen als Kinder im Winter bis zum Wildpark Roggenhausen nachgelaufen. ‘Unsere Eltern haben uns diesen Typ gegeben, damit wir uns nicht verlaufen.’
Wenige Meter dahinter steht mitten im Weg der erste alte Grenzstein. Bis zur Kreuzung Tann müssen wir den Trampelpfad mehrmals verlassen und nebenher laufen. In den Tagen vorher hatte es heftig geregnet, nun steht der durch Bikes verhärtete Boden unter Wasser.
Wir passieren den nächsten Grenzstein, er hat eindeutig eine modernere Form. Er ist 1958 aufgestellt worden, nachdem ihn Militärjeeps mit aufgebauter Panzerabwehrkanone, die hier durchgefahren sind, umgelegt hatten. Die Armee musste den Schaden dann auch bezahlen.
Kurz darauf befinden wir uns am Knotenpunkt Tann, fünf verschiedene Wege laufen hier zusammen.. Hier endet für uns der Fabriklerweg.
Der Grenzweg
Links geht es nach Kölliken; wir spuren rechts ein und folgen auf dem eigentlichen Grenzweg bis zum Wissbächli, einer beliebten Wander-, Lauf- und Bikerstrecke. Schon bald passieren wir den höchsten Punkt Gretzenbachs, die Heuelhöchi (518 m ü. M.), der überraschenderweise nicht auf der Gröderhöhe liegt; der Unterschied beträgt etwa 10 Höhenmeter.
Beim Grenzpunkt von Entfelden, Kölliken, Gretzenbach, (von Einheimischen ‘Bettelküche’ genannt) sind die Huuderi (alte Bezeichnung für Fahrende) toleriert worden. Sie erhielten hier von den Gemeinden Platz für einen wöchigen Aufent. War die abgelaufen, sind die Fahrenden dann halt einfach auf die andere Seite der Grenze gewechselt. Für eine Wagenburg reichte der Platz allemal aus.
Bis zur Köllikerstrasse durchwandern wir unterschiedliche Waldtypen. Es hat wildromantische Abschnitte – und immer wieder passieren wir Grenzsteine, die mitten im Weg stehen.
Ennet der Köllikerstrasse ist der Weg verwachsen, wir steigen daher etwas höher auf dem Waldweg wieder ein. Achtung: Abzweigung nicht verpassen: Nach dem Bienenhaus rechts auf der Gasleitung zum Grenzweg hinuntergehen.
In diesem Abhang hat es mehrere Quellfassungen, die teils in einer eigenen Leitung das Wasser zur Bally-Villa an der Einmündung Köllikerstrasse – Oltnerstrasse geliefert haben. Mit der Überbauung neues Schulhaus, Dössi und der Gimmermehstrasse ist diese Zuleitung sehr wahrscheinlich zerstört worden.
Dieser Wegabschnitt führt durch schönste, beinahe unberührte Waldabschnitte – Ruhe pur.
Das Wissbächli ist das Ende unserer Grenzwanderung. Der Weg ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Grenzerfahrung gewesen. 19 alte und 12 neue Grenzmarkierungen haben wir gezählt. Ob die Zahl stimmt? Das müssen Sie selbst überprüfen!
Die Wanderung ist damit zu Ende, aber nicht die Gemeindegrenze. Sie quert in der Fortsetzung Landwirtschaftsland – sollte erst nach der Ernte betreten werden – erreicht die Gröderhöhe, führt hinunter nach Däniken, passiert das KKG, trifft auf die Aare und folgt dieser flussabwärts durch den Ballypark zurück zum Ausgangspunkt unserer Wanderung.
Die Begleitperson für diesen Abschnitt ist bereits gefunden, wir nehmen ihn nächstens unter die Füsse.
Für den Moment drehen wir ab Richtung Zingg – Findling – Uelihof – Täfelibaum und sind wieder zurück im Dorf. Dauer des gesamten Abschnittes: ca. 2,5 h.