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Orte mit spannenden und persönlichen Geschichten: Der Rastplatz am Langmattrainweg

In Rahmen dieser Serie sind bereits Beiträge zum Täfelibaum, zum Ballypark und zum Weidkreuz erschienen. Die Entstehungsgeschichte zum Langmattrainweg-Rastplatz war auch dieses Mal eine spannende Sache. Am Anfang stand die einfache Aussage ‹Wir haben auch einen Lieblingsplatz› – und dann wurde es eine Reise in die Vergangenheit der Forstwirtschaft.

Die Plakette auf dem Stein erinnert an Franz und Marie Schenker-Nünlist.

Unsere Eltern lebten mit uns 4 Kindern auf dem Kohlschwerzihof. Damals – nach dem 2. Weltkrieg – war das mit 6 Kühen, 2 Pferden, einigen Kaninchen, 1 Schwein, Hund und Katzen ein karges Überleben. So ging unser Vater in den Wintermonaten täglich von 9 – 17 Uhr in den Wald zum «Holzen», im Stundenlohn.

Zu jener Zeit nach dem Krieg war Bargeld Mangelware bei den Bauern. So ging jeder irgendwo in den Wald im Stundenlohn für den Forst arbeiten. Auch im Sommer, wenn kein Heuwetter war, gab es die Möglichkeit im Wald zu arbeiten. Es gab im Dorf mehrere Holzer-Gruppen, teils arbeiteten sie fast das ganze Jahr im Wald, um dazu zuverdienen. Die Arbeiten bestanden aus: Tannen fällen, Asten, die gröberen Äste aufsteren, dh. Aufbeigen, und das Reisig zu „Wellen“ (Bündeli) zusammenbinden. Diese wurden zum Einfeuern der grossen Back- und Kachelöfen verwendet.


Die Holzergruppe an einem Umzug in Gretzenbach. Zu beachten sind die vielen Hochstammobstbäume im Hintergrund.

Die Gruppe mit Joggihans (Hans Küpfer), Franz Marrer und unserem Vater erhielt vom Bamert (das war der Bannwart, heute der Förster) einen «Schlag» (Waldstück) zugeteilt, wo markierte Bäume mit Axt, Keilen und grosser Waldsäge gefällt werden mussten.

Damit die hart körperlich arbeitenden Holzer gesund blieben, brachten wir ihnen täglich ein warmes Mittagessen in den Wald. So wanderten meine Schwester, meine Mutter und ich täglich um 11.30 den Fussweg hinab – über’s Bachbrüggli – hinauf zur Köllikerstrasse, dem Heuelweg – Langmattrain (dort an der Ecke wartete bereits Mutter Küpfer auf uns) entlang ins Meierstann zum Holzerplatz. Es konnte sein, dass wir auf dem Weg die Tanne bereits zu Boden krachen hörten, aber auch, dass wir noch zuschauen durften, wie das Sägeblatt gleichmässig im Takt hin und hergezogen wurde, bis es durch war und der Baum fiel. Welch ein Aufatmen der Männer nach dieser anstrengendsten aller Arbeiten!

Die Holzergruppe bei einer Essenspause im winterlichen Wald, von links: Georg Schultes – der Vater der Autorin / Hans Küpfer / Franz Marrer / Oskar Küpfer.

Alle setzten sich und die Männer assen die dampfenden Suppen (Eintöpfe) gerne – es wurde geplaudert. Nach halb Eins machten wir uns wieder auf den Heimweg und die Holzer sich an ihre Arbeit. Später, während der Primarschule, gingen meine Schwester und ich in der Mittagspause allein z Aesse träge.

In der Lehrfirma lernte ich dann meinen Mann Markus kennen. Wir erhielten die Möglichkeit in der Kohlschwärzi unser Haus zu bauen. Von hier führten unsere Spaziergänge mit der wachsenden Familie dann eher in den Gröder/Däniker Wald. Später wurde der wunderschöne Wanderweg entlang unseres Dorfbaches angelegt, womit wieder eine gute Verbindung zum Gretzenbacher Wald besteht.

Mein Mann engagierte sich viele Jahre in der Waldkommission der Bürgergemeinde, so erkundeten wir unsere gemeinsamen Lieblingsplätze. An der Langmattrainwaldecke erhielt Herr Wintermeyer, Anwohner seit vielen Jahren, zu einem runden Geburtstag in den 70 – 80er Jahren eine tolle, massive Bank geschenkt.  Wir haben uns gerne dort hingesetzt und die Gegend von «gegenüber unseres Hauses» betrachtet!

Letztes Jahr wurde die Waldecke Langmattrainweg zum Ehrenplatz von Franz und Marie Schenker-Nünlist ernannt. Beide haben sich für das Wohl unserer Gemeinde eingesetzt; sie packten an, wo es nötig war. Marie hat viele Jahre den Mütterverein mit grosser Liebe und Umsicht geleitet. Sie hat gespürt, wenn jemand Hilfe, Zuneigung, ein gutes Wort brauchte. Eine starke Frau und Mutter und ein Grosi mit einem grossen Herzen.

Markus und ich setzen uns immer im Vorbeigehen, fast jede Woche, eine Weile zu ihnen. Dann gehen die Gedanken zurück in der Zeit. Wir geniessen aber die Gegenwart sehr und freuen uns am Wechsel der Natur zu den verschiedenen Jahreszeiten. /M +MF


In dieser Serie sind bisher die folgenden Beiträge erschienen:
Reiseführer 111 Orte
Täfelibaum
Ballypark
Das Kreuz in der Weid

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