Am 28. Mai fand auf Initiative der Werk- und Umweltschutzkommission (WUK) eine Informationsveranstaltung über invasive Neophyten statt. Darüber reden reicht nicht, handeln ist angesagt. Diese Woche bietet sich die Gelegenheit dafür.
Mehr als 30 Personen besuchten die Informationsveranstaltung, die von Regula Merz moderiert wurde. Sie ist in der WUK und hat da das Thema angestossen: ‘Ich bin mit meinem Vorschlag von der ganzen WUK unterstützt worden.’ Sie war mit dem Besucheraufmarsch sehr zufrieden.
Kilian Schlunegger vom kantonalen Amt für Umwelt gab zunächst eine Übersicht über Neobiota. Damit sind Tiere (Neozoen) und Pflanzen (Neophyten) gemeint, die nach der Entdeckung Amerikas nach Europa gekommen sind. Sie gelten als gebietsfremde Arten. Dazu gehören viele unserer Kulturpflanzen. Etabliert gebietsfremd sind Wildpflanzen, wenn sie in unseren Breitengraden selbständig überleben können. Viele dieser Pflanzen haben sich vielfältig in unsere Ökosysteme integriert.
Als invasiv gebietsfremde Arten bezeichnet man jene Pflanzen, die Schäden verursachen. Diese Pflanzen sind Generalisten, können sich also sehr gut an die Umweltbedingungen anpassen und haben eine hohe Verbreitungsquote. Sie verdrängen die Spezialisten, die auf spezielle Standorte angewiesen sind, und bedrohen daher die einheimische Artenvielfalt. Das geschieht auch auf Biodiversitätsflächen in der Landwirtschaft, was Kosten und Arbeit verursacht. Und zum Teil sind Neophyten giftig.
Etwa 10% aller eingeführten Pflanzenarten sind hier überlebensfähig und davon verursachen rund 1% Probleme.
Invasive Arten kommen nicht nur zu uns, Europa exportierte auch Problempflanzen. Das heimische Johanniskraut beispielsweise gelangte nach Südafrika und entwickelte sich da zum Übel.
Gemäss Andrea Hürzeler, Gemeinderätin und Landwirtin, sind in der Schweiz 19% aller Landwirtschaftsflächen als Biodiversitätsflächen eingestuft. Konkret bedeutet dies, dass der Bund Auflagen erteilt, u.a. bezüglich Mähtechnik Schnittzeitpunkt.
Dieser erfolgt erst, nachdem die einheimische Flora Samen ausbilden konnte. Bis zu diesem eher späten Schnitt können sich die Invasiven ausbreiten. Daher müssen sie mechanisch bekämpft werden.
Landwirt Elmar Schmid schilderte konkret, was das bedeutet. Am Nachmittag hatte er mit einem Angestellten während 3 Stunden das Berufskraut ausgestochen und rund 600 l Grüngut abgeführt. Vor etwa 10 Jahren hatte er die Pflanze erstmals auf seiner Fläche bemerkt. Seither ist der Kampf gegen dieses Unkraut fixer Bestandteil der Flächenpflege.
Der Bund ergreift Sanktionen, wenn Biodiversitätsflächen stark verunkrautet sind. Erfüllt beispielsweise eine Buntbrache die Anforderungen nicht mehr, wird die Fläche zurückgestuft, es entfällt der Buntbrachen-Beitrag. Sollte mit der Rückstufung die Grenze von 19% Biodiversitätsflächen unterschritten werden, sind die Direktzahlungen gefährdet. Zuschauen und Däumchen drehen ist also keine Lösung; siehe Beispiel oben von Bauer Schmid. Er betonte denn auch, dass Landwirtschaft, Gemeinde und Privatpersonen gemeinsam gegen problematische Arten vorgehen müssen.
Die Gartengestalterin Britta Kämpf setzt sich beruflich mit der Förderung der Artenvielfalt ein. Von ihr stammen die Bildpaare, die die aktuelle Natursituation rund um das Schulhaus zeigen. Die danebengestellte Bildmontage zeigt, wie die Natur auch sein könnte.
Ihr Motto lautete: Mit weniger erreicht man mehr für die Biodiversität. Gemeint ist: Weniger oft Rasen schneiden; weniger Fläche auf einmal schneiden; weniger gerade abgestochene Ränder ….
Beim Ausreissen von invasiven Arten ist Vorsicht walten zu lassen, da sie bei Sonnenlicht Substanzen produzieren, die Haut oder Augen arg reizen können. Daher Handschuhe tragen und das Grüngut in den Kehricht geben. In mehreren Kantonen gibt es dafür bereits einen Neophytensack, der Kanton Solothurn sucht noch nach einer Lösung. Diese soll im kommenden Jahr vorliegen.
Für Interessierte noch dieser Hinweis auf die Webseite des Kantons Solothurn: Unter neobiota.so.ch finden sich die Strategie des Kantons bei der Bekämpfung der Neobiota, sowie Informationen zu Neophyten und Alternativen dazu.
Der Anlass war informativ, der Appell erreichte aber nur einen kleinen Teil von Gretzenbach. Und was halten die invasiven Arten davon?
Ihnen wird es an den Kragen gehen! Die OrganisatorInnen des Informationsanlasses waren sich einig: Über die Neophyten-Problematik reden, bringt nichts. Man muss handeln! Das heisst konkret:
Mit offenen Augen durch das Dorf gehen; erkannte Neophyten eliminieren und mitmachen an der Aktion Usrissete*, die am kommenden Freitag, den 7. Juni stattfinden wird. Interessierte treffen sich um 19 Uhr unter dem gelben Zelt beim Schulhaus. Danach beginnt die Neophyten-Jagd. Den Abschluss wird ein geselliges Beisammensein bilden.
Sie haben den Informationsanlass bestritten und organisieren auch die Usrissete vom kommenden Donnerstag. Von links: Britta Kämpf, Regula Merz; Elmar Schmid; Andrea Hürzeler